Schon viele Jahre sind Yoko und Matthias in Japan tätig. Ausgesendet wurden sie vom EGW Brienz und fürs wort+wärch geben sie einen Einblick in ihr Leben.
wort+wärch: Liebe Yoko und Matthias, was geht euch beim Stichwort «Japan» durch Kopf und Herz?
Matthias: Mein Herz füllt sich mit Dankbarkeit, wenn ich an Japan denke: an Menschen, die von Höflichkeit und Respekt geprägt sind, und an Freundschaften, die tragen. Ich denke an Kirschblüten, Berge, das Meer, an Sumo und Judo, die Ruhe der Onsen und das gute Essen – von Sushi bis zu vielen anderen Köstlichkeiten. In Japan begegnen sich jahrhundertealte Traditionen und modernste Technologie. Die Ruhe eines Gartens steht neben der Schnelligkeit des Shinkansen. Auch Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung prägen das Land. Und doch spüren wir mitten in all diesem äusseren Reichtum und Perfektionismus eine Sehnsucht nach tieferer Hoffnung.
Yoko, was verbindet dich mit Japan? Und Matthias: was bedeutet Japan für dich?
Yoko: Japan ist meine erste Heimat – dort bin ich aufgewachsen, dort bin ich verwurzelt. Sprache, Kultur und Menschen haben mich geprägt.
Matthias: Für mich ist Japan meine zweite Heimat – entdeckt durch meine Beziehung mit Yoko und gewachsen durch viele Freundschaften innerhalb und ausserhalb der Gemeindearbeit.
Wie habt ihr euch entschieden, in Japan zu leben und zu arbeiten?
Matthias: Vor über 25 Jahren begann diese Geschichte: Als Jugendarbeiter beim EGW Biel betete ich um eine offene Tür für Japan. Eines Tages erhielten wir völlig unerwartet eine persönliche Spende mit der Bitte, sie für Gottes Arbeit einzusetzen. Für uns war das eine klare Gebetserhörung. Mit diesem Geschenk konnte ich in Neuseeland ein Sprachstudium absolvieren und ein Lehrerdiplom erwerben.
So begann unser Weg in Japan – zunächst mit Unterricht in Englisch und Deutsch. Doch unser eigentliches Ziel war die Gemeindearbeit, was anfangs schwierig war: Sprachbarrieren und die Doppelbelastung im Beruf liessen nur wenig Spielraum. Zwar leitete ich sonntags eine englische Bibelstunde in Yokos Muttergemeinde, doch wir merkten bald, dass wir einen neuen Weg brauchten.
Wie sieht eure Arbeit heute aus?
Matthias: Unsere Aufgaben in der internationalen Gemeinde New Hope Yokohama sind vielfältig: Ich predige regelmässig, bin als Übersetzer tätig, leite zusammen mit Yoko Alpha-, Ehe- und Erziehungskurse, gestalte Bibelarbeiten und engagiere mich in Outreach-Programmen. Gemeinsam begleiten wir Frauen- und Männergruppen und organisieren GemeindeEvents wie BBQs oder Ausflüge. Uns ist wichtig, dass Gemeinde nicht nur im Gottesdienstraum stattfindet. Darum laden wir oft Menschen zu uns nach Hause ein. Am Esstisch entstehen ehrliche Gespräche, Fragen dürfen gestellt werden und Vertrauen wächst. Gerade diese persönliche Ebene macht für uns die Arbeit in New Hope Yokohama so kostbar.
Wo seht ihr Gottes Reich konkret werden?
Yoko: Es fasziniert uns immer wieder, wie in unserer Gemeinde seit über zwanzig Jahren Menschen zusammenfinden, die sich sonst nie begegnet wären – aus verschiedenen Ländern, mit unterschiedlichen Ansichten und Hintergründen. Darin spüren wir – wenn auch unvollkommen – etwas von der Vision der Offenbarung: dass Menschen aus allen Nationen und Kulturen, vereint durch die Liebe Jesu, mit all ihren Unterschieden zueinanderfinden. Nicht ein eintöniger «Eintopf», sondern ein bunter, vielfältiger Blumenstrauss.
Wir sehen, wie Menschen durch eine tiefere Verwurzelung im Glauben verändert werden – im Umgang mit sich selbst und mit anderen. Gleichzeitig gibt es Situationen, in denen Wachstum nach aussen kaum sichtbar ist. Ich denke an einen Freund, mit dem ich viel Zeit verbracht habe, der aber bis heute zweifelt, ob es Gott und seine Liebe gibt. Solche Erfahrungen erinnern uns daran, unsere Identität nicht an Erfolgen festzumachen, sondern in Christus verwurzelt zu bleiben.
Was sind die Vor- und Nachteile eurer internationalen Familie?
Matthias: Die Internationalität ist bereichernd: wir arbeiten mit Menschen aus verschiedenen Kulturen, dienen in zwei Ländern und pflegen Freundschaften über Kontinente hinweg. Doch man kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein – und das hat seinen Preis. Für die Kinder stellt sich manchmal die Frage: Wo gehöre ich hin? Und für die Grosseltern ist es nicht leicht, wenn sie merken: Die Enkel sind erwachsen – und wir konnten vieles nicht miterleben.
Und zum Schluss: Was können wir von japanischen Christen lernen?
Yoko: Vor allem beeindruckt uns ihre Treue und Ausdauer. Viele sind die einzigen Christen in ihrer Familie oder am Arbeitsplatz. Von ihnen lernen wir auch Demut, Geduld und die Bereitschaft, im Kleinen treu zu sein. Ihr Glaube fordert uns heraus, den Weg mit Jesus treu zu gehen – auch dann, wenn wir im eigenen Land ein wenig als Sonderlinge gelten. Und genau das ermutigt uns, hoffnungsvoll Schritt für Schritt weiterzugehen – in Japan, in der Schweiz und überall dort, wo Gott uns hinstellt.
Bericht in der Dezember-Ausgabe vom wort-wärch erschienen. | Bericht: Andreas Schmid, Pfarrer EGW in Biel | Bilder: zVg