#Vernetzt oder doch allein?

Unter diesem Motto hätte eigentlich das diesjährige Teenie-Pfingsttreffen in Sumiswald stattfinden sollen. Nun ist alles anders gekommen. Der Titel passt jedoch sehr gut in unsere momentane Situation. #Vernetzt zu sein ist für eine Generation mit Instagram, Snapchat, TikTok – und was es sonst noch alles gibt – ein Kinderspiel, oder? Gerade in einer Zeit, in der es nicht möglich ist, sich in derselben Art und Weise zu treffen, wie es normalerweise der Fall ist, nämlich physisch, mit einer Umarmung oder einem Handschlag zur Begrüssung, gerade in solch einer Zeit ist es doch wichtig, dass wir vernetzt sind. Aber wie vernetzt sind wir wirklich? Was bedeutet vernetzt sein? Reicht es, wenn ich anderen auf Instagram folge und umgekehrt? So bekomme ich ja viel vom Leben der Anderen mit – und umgekehrt.

Ich selber scrolle gerne durch den Insta-Feed und schaue mir die Stories anderer an. So habe ich das Gefühl, an ihrem Leben teilnehmen zu können, auch wenn die andere Person etwas weiter entfernt wohnt oder wenn ich sonst nicht so viel mit ihr zu tun habe.

Was mir auffällt, wenn ich mir die Fotos und Kommentare anschaue, sind die vielen lachenden Gesichter und schönen Momente, die festgehalten werden. Selten sehe ich ein Foto, das einen Konflikt, ein Low-Light des Lebens oder eine unangenehme oder ernste Situation zeigt. Und das ist ja auch verständlich: Wer möchte diese Dinge schon von sich preisgeben und auf solch einer Plattform verewigen? Die Schattenseiten des Lebens möchte niemand einfach so zur Schau stellen. Und ich denke, für eine Plattform wie Instagram ist das auch okay.

Aber sind es nicht genau diese Dinge, die uns vernetzen, die uns zusammenwachsen lassen? Wenn ich jemanden ehrlich an meinem Leben teilhaben lasse, dann kann ich diese Person auch an meinen schlechten Tagen teilhaben lassen. Ich muss dann nicht alleine da durchgehen.

#Vernetzt zu sein ist für mich mehr, als einfach genügend Follower zu haben. Für mich bedeutet es, Freunde an meiner Seite zu haben, mit denen ich die guten und die schlechten Tage teilen kann. Es heisst für mich, Freunde zu haben, denen ich genügend vertraue, um auch etwas von mir preiszugeben, das nicht unbedingt auf Snapchat oder TikTok kommt.

Übrigens: ein Vernetzt-Sein nach Insta-Style kann auch ausserhalb der sozialen Medien vorkommen. Wie oft sage ich, es geht mir gut, wenn mich jemand danach fragt, obwohl dies vielleicht nicht der Fall ist. Natürlich, es gibt einen Unterschied zwischen jemandem, der ernsthaft daran interessiert ist, wie es mir geht, und jemandem, der aus reiner Höflichkeit nachfragt. Aber wenn dies zu meiner Standard-Antwort wird und ich nicht mehr ehrlich sagen kann, wenn es mir nicht gut geht, dann schaffe ich ein Scheinbild von mir. Es wird immer schwieriger, ehrlich von mir zu erzählen, weil ich diesen Schein ja wahren muss.

Ich wünsche mir, dass wir alle in dieser speziellen Zeit vernetzt sein können und erleben, was es heisst, Freunde zu haben, die mit uns das Leben mit allen seinen Facetten teilen. Und noch mehr wünsche ich mir, dass wir mit unserem himmlischen Vater vernetzt sind. Er kennt uns durch und durch. Er kennt unsere guten und unsere schlechten Seiten. Er ist mit uns, wenn wir einen guten Tag haben und er ist da, wenn wir einen schlechten Tag haben. Wenn wir mit ihm vernetzt sind, dann sind wir nie alleine, auch wenn alles um uns herum tobt.

Mirjam Rösch, EGW Biel