EGW-Leitungsmitglied: Daniel Ritter

Dienstag, 14. Januar 2025

Die Bibel immer wieder neu sprechen lassen

Viele kennen Daniel Ritter als Pfarrer; darüber hinaus ist er im EGW als Leitungsmitglied bekannt. Auf einem bewegten Weg kam Daniel zum Pfarrberuf, den er heute liebt.

Lange Zeit war klar, dass Daniel Ritter (52) den elterlichen Bauernbetrieb übernehmen würde. Heute lebt er mit Ehefrau Cornelia und ihren drei Kindern im Bauernhaus, wo er bereits aufgewachsen ist. Nur: Er ist nicht etwa Bauer, sondern reformierter Pfarrer. Und nebenbei dienstältestes Leitungsmitglied des EGW.

Berufliche Odyssee
Aufgewachsen ist Daniel als jüngstes von drei Kindern. «Es war klar: Ich wollte Bauer werden.» Er liebte Tiere und zog das Arbeiten auf dem Betrieb den Hausaufgaben vor. Fürs Bauernlehrjahr zog er in die Westschweiz. Dort konnte er den Anforderungen aber nicht genügen, sein Selbstvertrauen schwand und Heimweh plagte ihn immer mehr. «Es war sehr schwierig.» Nach fünf Wochen brach er ab, um das das erste Lehrjahr zu Hause zu beenden. Hier fiel er aber erst einmal für drei Monate in eine Depression.

«Ich schloss nur das erste Bauernlehrjahr ab und absolvierte anschliessend die Ausbildung zum Kaufmann.» An den Wochenenden arbeitete Daniel zu Hause im landwirtschaftlichen Betrieb mit. Nach Abschluss seiner kaufmännischen Ausbildung fasste er Mut und schloss auch seine landwirtschaftliche Ausbildung ab. Nun hatte Daniel also zwei Berufsabschlüsse, fand aber in keiner der beiden Tätigkeiten die Freude, die er sich erhofft hatte.

Auf einmal war es klar …
Als begeisterter Jungscharleiter schoss Daniel einmal ein sehnsüchtiger Gedanke durch den Kopf: «Wenn man doch nur Jungscharleiter zum Beruf machen könnte!» Wohlwissend, dass dieser Beruf nicht existiert, schob er den Gedanken beiseite. Stattdessen sah er in einem Agronomiestudium den nächsten Schritt zur beruflichen Erfüllung. Während der vorbereitenden Berufsmaturitätsschule kam dann aber die entscheidende 
Wende.

Als jemand erwähnte, Theologie zu studieren, fühlte sich Daniel angesprochen und der Gedanke, selbst Theologie zu studieren, liess ihn nicht mehr los. Aber: Sollte er wirklich noch einmal einen neuen Weg einschlagen? Schliesslich war er bereits 27 Jahre alt. Ein reifer Christ, dem Daniel von seinen Fragen erzählte, betete über der Sache und sagte dann zu ihm: «Ich glaube, dass Gott dich in den vollzeitlichen Dienst ruft.» Auf einmal war es klar: Daniel wagte den Schritt, machte die Matur und absolvierte das Theologiestudium. Nach dem Vikariat war er 36 Jahre alt und wusste, dass er angekommen war. Nach einer kurzen Stellvertretung in Goldiwil folgten mehrere Jahre in Niederbipp und seit 2018 ist er in Hasle.

Die Bibel als Schatz entdeckt
Als Jugendlicher erlebte Daniel das Bibellesen nicht unbedingt als erbaulich. Viele Passagen weckten in ihm Schuldgefühle und Texte über die Hölle setzten ihm zu. «Das führte dazu, dass ich mir grosse Sorgen machte.» Als er dann lernte, die Bibel kompetenter auszulegen, wuchs seine Liebe zu Gottes Wort immer mehr. «Durch das Studium erkannte ich falsche Verständnisse immer besser.» Obwohl er an der Universität von gewissen theologischen Ansätzen stark herausgefordert wurde, lernte er den unermesslichen Wert von Gottes Wort schätzen.

Die Bibel in grossen Zusammenhängen zu lesen und dabei den «Flow» der biblischen Botschaft zu spüren, ist ein grosser Gewinn. Gleichzeitig liegen aber auch in den Details viele Schätze verborgen. «Mir ist wichtig, die Bibel immer wieder neu zu mir sprechen zu lassen.»

Ein Pfarrer des Volkes
Als Pfarrer hat Daniel seinen Platz gefunden. Trotz seiner intellektuellen Fähigkeiten – inzwischen hat er sogar promoviert – ist er doch ein Pfarrer des Volkes geblieben. Oder mit anderen Worten: Gewissermassen steckt noch immer ein Bauer in ihm. Und dies nicht nur, weil er zweimal wöchentlich Kühe melkt. «Was ich in der Landwirtschaft gelernt habe, ist mir heute eine grosse Hilfe.» Viele biblische Bilder und Geschichten beziehen sich auf die Landwirtschaft, eine Welt, die Daniel vertraut ist. Der Tatsache, dass der Pfarrberuf in den letzten Jahren an Prestige eingebüsst hat, kann er durchaus auch Gutes abgewinnen. Es sei positiv, dass Pfarrpersonen heute nicht mehr als überlegene Akademiker, sondern als ebenbürtige Leute wahrgenommen werden.

Landeskirche, EGW und Reich Gottes
Als Kind und Jugendlicher wurde Daniel vom CEVI geprägt, doch auch das EGW spielte in seiner geistlichen Entwicklung eine Rolle. Hier traf er Gleichaltrige, besuchte deren Gottesdienste und wurde Mitglied. Als er Jahre später für ein Engagement in der EGW-Leitung angefragt wurde, schloss sich ein Kreis. Inzwischen ist er seit zehn Jahren Leitungsmitglied. «Es ist eine grosse Bereicherung!»

Daniel will Gottes Reich als Ganzes sehen. Als Landeskirchenpfarrer, als Dozent an theologischen Ausbildungsstätten, wie auch als Leitungsmitglied des EGW leidet er darunter, wenn über andere Christen und Kirchen despektierlich gesprochen wird. Daniel betont die Wichtigkeit von Einheit und liebt es, mit Christen aus unterschiedlichen Gemeinden unterwegs zu sein.

«Die Bibel ist Grundlage und Richtlinie für unser Tun und Lassen.»

(aus dem Leitbild)

«In der Bibel spricht Gott immer wieder zu konkreten Menschen in ihren konkreten Lebensumständen. Dies gilt für das gesamte Spektrum: von ganz persönlichen bis zu gesamtgesellschaftlichen Angelegenheiten. Möge Gottes Wort uns auch heute die Kraft, die Hoffnung und die Weisheit geben, unser Leben und unsere Welt nach seinem Willen zu gestalten.»
Daniel Ritter

Bericht in der Januar-Ausgabe vom wort-wärch erschienen. | Bericht: Markus Richner-Mai | Bilder: zVg