Aufgewachsen in einem Haus mit «Singwoche»-Eltern (www.chorwoche.ch), entdeckte ich zuerst die geistliche Musik von Johann Sebastian Bach und seiner Zeitgenossen, die mich sehr ansprach. Doch erst in der Begegnung mit der afroamerikanischen Musik des Jazz und Gospels fühlte ich mich musikalisch angekommen. In der Zeit als Teenie berührten mich Rock und Pop kaum. Die Entstehung des Gospels und die Leidensgeschichte der afrikanischen Sklaven in den USA machten mein Herz hellhörig – auch für die Botschaft des Evangeliums von Jesus Christus.
Den Einfluss auf die Entwicklung in der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts, der von Persönlichkeiten aus der Gospelmusik ausging, ist evident. Thomas A. Dorsey, Mahalia Jackson, Andrae Crouch, Kirk Franklin, Israel Houghton, um nur ein paar wenige zu nennen, hinterlassen ein gewaltiges musikalisches Erbe mit starker Botschaft des Evangeliums. Ohne die Texte in den Gospels – oft Zitate aus der Bibel, Evangelium pur, Lobpreis und Anbetung – wäre die geistliche Kraft und Intensität in der Gospelmusik nie so spürbar. Gospelchöre erfreuen sich seit mindestens vierzig Jahren auch in der Schweiz einer anhaltenden Beliebtheit und lösen teils die traditionellen gemischten Chöre ab. Wenn die Texte in den Gospels mit tiefer Überzeugung interpretiert werden und mit der Musik verschmelzen, so werden Herzen von Gott berührt – sowohl bei Sängerinnen und Sängern als auch bei Hörerinnen und Hörern. Die Botschaft des Evangeliums erreicht Menschen, die unsere Gottesdienste nicht aus eigenem Antrieb besuchen würden.
In einer Fortsetzung werde ich darauf eingehen, welch grosses Potential nach wie vor im Gospel schlummert; eine willkommene Ergänzung auch für unsere Gottesdienstkultur.
Quelle: wort+wärch-Ausgabe vom Mai 2025 | Text: Martin Jufer, Leiter a.i. von LäbesKunst | Bild: Pixabay