Botschafter des Reiches Gottes

Unsere pietistisch-evangelikale Theologie ist oft sehr stark auf die Person von Jesus fokussiert – und das zu Recht! Die Botschaft der Menschwerdung, des Kreuzestodes und der Auferstehung ist zentral und unaufgebbar. So schreibt Paulus: «Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten.» (1. Korinther 2,2)

Daneben zieht sich aber das Thema «Reich Gottes» wie ein roter Faden durch die Bibel. Im Alten Testament proklamieren die Psalmen Gottes ewigwährende Herrschaft ebenso wie Daniel und Jesaja. (Psalm 22,29; 45,7; 145,13; Daniel 3,33; Jesaja 9,6) «Der Gott des Himmels wird ein Reich aufrichten, das nimmermehr zerstört wird.» (Daniel 2,44) Die Herrschaft über dieses Reich legt Gott auf die Schultern des verheissenen Messias. (Jesaja 9,5) 

Im Neuen Testament stellt Jesus Gottes Reich ins Zentrum seiner Verkündigung. (Matthäus 4,23; 9,35) Das ist sein Auftrag. (Lukas 4,43) Weil Gottes Reich nahegekommen ist, lädt er zur Umkehr ein, zur Hinkehr zu Gottes Lebensreich. (Markus 1,15; Matthäus 4,17) In Bildern und Gleichnissen beschreibt Jesus dieses Gottesreich (Matthäus 13; Matthäus 20; Lukas 13) und in den vierzig Tagen zwischen Ostern und Himmelfahrt lehrt er seine Jünger über das Reich Gottes! (Apostelgeschichte 1,3)

Nach Pfingsten verbinden sich die beiden Elemente bei den Aposteln. Philippus «predigte vom Reich und vom Namen Jesu». (Apostelgeschichte 8,12) Paulus «predigte das Reich Gottes und lehrte von dem Herrn Jesus Christus». (Apostelgeschichte 28,31) Doch was ist das Reich Gottes eigentlich? Im Reich Gottes spiegelt sich das Wesen seines Herrschers. Es ist ein Reich des Friedens und der Freiheit, (Jesaja 9,6) der Barmherzigkeit und der Gerechtigkeit. (Römer 14,17) Das Reich Gottes unterscheidet sich dabei fundamental von aller menschlichen Herrschaft. Jesus selber sagt: «Mein Reich ist nicht von dieser Welt.» (Johannes 18,36) Es gründet sich nicht auf Gewalt und Unterdrückung und manifestiert sich nicht durch prunkvolle Paläste.

Zugang zu diesem Reich hat nicht der Reiche und Starke (Markus 10,25), sondern der Einfache und Geringe (Matthäus 21,31) – das unbedarfte Kind. (Markus 10,15) Es ist ein verborgenes Reich. Dennoch ist Gottes Herrschaft mächtiger und einflussreicher als alle anderen. In seiner prophetischen Schau bezeugt Daniel, wie Gott Könige ein- und Könige absetzt. (Daniel 2,21) Königreiche zuteilt und wegnimmt. (Esra 1,2; Daniel 5,26)

Am Ende wird dieses Reich machtvoll kommen (Markus 9,1) und die ganze Welt erfüllen (Daniel 2,44), was Johannes in Vollendung schaut: «Jetzt hat unser Gott die Königsherrschaft übernommen, und sein Messias hat seine Autorität ergriffen!» (Offenbarung 12,10)  

Durch eine geistliche Neugeburt (Johannes 3,3) errettet Gott Menschen «aus der Macht der Finsternis und versetzt sie ins Reich seines geliebten Sohnes». (Kolosser 1,3) Er schenkt dem Glaubenden so eine unglaubliche Würde – und eine grosse Aufgabe: Der Mensch wird zum Botschafter des Reiches Gottes! (2. Korinther 5,20) 

Ein Botschafter vertritt die Interessen des Heimatlandes in einem fremden Gastland. Die Bibel nennt darum Gottes Volk «ein Königreich von Priestern». (2. Mose 19,6; 1. Petrus 2,9; Offenbarung 1,6;5,10) Seine Aufgabe ist es, Gott vor den Menschen – und die Menschen vor Gott zu vertreten.

Als Gottes Botschafter dürfen wir Zeugen der liebevollen, fürsorglichen, freisetzenden Herrschaft des Vaters in einer dunklen, gewaltgeprägten Welt sein. Unser Leben soll es spiegeln: Kinder Gottes sind nicht Beherrschte und Unterdrückte, die sich «abermals fürchten müssten» (Römer 8,15) sondern Beschenkte (Hebräer 12,28), und Befreite, berufen zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes (Römer 8,21).

«Dein Reich komme!» (Matthäus 6,10)
Das Unser-Vater-Gebet ermutigt uns, in die Bitte einzustimmen und dafür einzutreten, dass Gottes Herrschaft sichtbar und erlebbar wird:

  • In unseren Herzen, dass Jesus und seine Werte in uns Gestalt gewinnen.
  • In unseren Gemeinden, dass seine Menschenfreundlichkeit für viele erfahrbar wird und Hoffnung und Zuversicht vermittelt.
  • In unserer Gesellschaft, dass die Spuren seiner befreienden Herrschaft zeichenhaft im Alltag sichtbar werden.

«Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.» (Matthäus 6,13)
 

 

Werner Jampen | Ressortleiter Personal und Pfarrer EGW