Ernst Tanner (67) lebt in Ranflüh, ist verheiratet, hat zwei Kinder und zwei Grosskinder. Seit 1980 arbeitet er als Selbstständigerwerbender mit
dem Mähdrescher und seit 1992 ist er auch mit seinem Bagger unterwegs. Er ist Mitglied im EGW Hasle-Rüegsau, bekannt ist er für seine Tätigkeit als Grossrat, aber auch für seinen ansteckenden Glauben.
Ein Leben für Jesus
«Ich habe Jesus an die erste Stelle meines Lebens gesetzt», blickt Ernst auf seine weit zurückliegende Entscheidung zurück. Seither sucht er in jedem Lebensbereich die Führung Gottes. Dies führte beispielsweise zu Arbeitseinsätzen in Graubünden, wo er mit einem ungefähr 15-köpfigen Team seit zwanzig Jahren Alpbetriebe unterhält. In der Region Surselva sanieren sie jedes Jahr eine Woche lang Wasserquellen, bessern Strassen aus und tun, was gerade nötig ist. «Das Ziel dieser Einsätze war von Anfang an: beten und arbeiten.» Inzwischen ist ihm die Region ein grosses Anliegen und dass in den letzten Jahren auch Menschen zum Glauben an Jesus fanden, ermutigt ihn enorm.
Weniger absehbar als diese Einsätze war Ernsts Engagement in der Politik. Ohne Gottes deutlichen Ruf wäre er diesen Weg nicht gegangen.
Eigentlich war er nur ein Stimmenfänger
Um bei Wahlen möglichst viele Stimmen zu gewinnen, versuchen Parteien, ihre Listen mit Persönlichkeiten zu füllen, welche aufgrund ihrer Bekanntheit möglichst viele Wähler auf ihre Partei aufmerksam machen. So wurde 2010 auch Ernst angefragt, für die Grossratswahlen als Stimmenfänger für die EDU zu fungieren. Da er aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit eine gewisse Bekanntheit genoss, schien er eine geeignete Person zu sein. Das Parteiprogramm entsprach ihm und er sagte zu – ohne Interesse an einem politischen Amt.
Doch dann erhielt Ernst überraschend viele Stimmen; er war sogar der zweite Ersatz für den gewählten Grossrat Martin Friedli. Als dieser nach 15 Jahren Amtszeit 2012 zurücktrat und der erste Ersatzmann auf das Amt verzichtete, stand plötzlich das Thema im Raum, ins Kantonsparlament einzutreten. Anfänglich schlug Ernst die Anfrage in den Wind. «Sicher nicht!» Er glaubte nicht, der geeignete Mann für diese Sache zu sein; und er hatte auch kein Interesse.
Wenn Gott ruft …
Trotzdem vereinbarten sie, dass Martin Friedli ihn über die Inhalte des Amtes informieren würde. «Zwei Tage vor dem Treffen mit Martin
wurde ich in der Nacht geweckt. Die Worte aus Jesaja 41,10 kamen mir blitzartig in den Sinn.»
«Fürchte dich nicht, ich bin mit dir;
weiche nicht, denn ich bin dein Gott.
Ich stärke dich, ich helfe dir auch,
ich halte dich durch die rechte Hand
meiner Gerechtigkeit.»
In der folgenden Nacht wiederholte sich dieselbe Erfahrung. «Da war ich von Gottes Auftrag überzeugt, die Aufgabe als Grossrat zu übernehmen.» Eine überraschende Wende in Ernsts Leben. «Ohne Erfahrung rutschte ich in die Politik.»
Erste Erfahrungen in der Politik
Ab September 2012 war Ernst Grossrat. In der zweiten Session erhielten alle Grossräte das Buch «Wieviel Bern braucht die Schweiz». Darin erfuhr er, dass die Formulierung «Im Namen Gottes» 1993 aus der Verfassung des Kanton Berns gestrichen wurde. Das machte ihn betroffen. «Ich schlug vor, während der Frühlings-Session 2013, zwanzig Jahre nachdem die Formulierung rausgenommen wurde, Gott um Vergebung zu bitten.» Begleitet von einigen Fürbittern traf sich hierzu die EDU-Fraktion im Rathaus. «Da konnten wir als Christen einen Beitrag in der unsichtbaren Welt leisten.» Für Ernst ist klar: Wo immer man sich als Christ bewegt, hat man seinen Einflussbereich. Und dies gilt auch im Grossen Rat.
Schnell nahm sich Ernst Themen, wie beispielsweise der Denkmalpflege, an. «Ich habe einen Vorstoss ausgearbeitet», berichtet er und konnte damit tatsächlich etwas bewegen. «Wenn Anliegen aus der Landbevölkerung an mich herantraten, konnte ich diese nach Bern nehmen und manchmal etwas bewegen.» Das verstand er als seinen Auftrag: Der Landbevölkerung eine Stimme geben.
Ernst schätzte es, mit Menschen aus anderen Parteien ins Gespräch zu kommen. An dieser Stelle denkt er gerne an eine SP-Grossrätin, die sich ihm mit strahlenden Augen als Christin zu erkennen gab. «Das freute mich sehr!» Leider lässt es das gedrängte Programm während der Session kaum zu, Beziehungen mit Grossräten anderer Parteien tiefer zu pflegen.
Das Ende der politischen Laufbahn
Ernst entschied sich, auf Ende Juni 2024 das Amt als Grossrat nach 12 Jahren abzugeben. Bei seiner letzten Session reichte er vielen Grossrätinnen und Grossräten die Hand, welche ihr Bedauern für seinen Rücktritt ausdrückten; darunter Politiker, die meistens anders als er abstimmten. Ernst freut sich, wenn man sich trotz Meinungsverschiedenheit mit Respekt begegnet.
Eine geeignete Nachfolge für sein Amt war Ernst sehr wichtig. Ernsthaft betete er um Klarheit und dass sich konkrete äussere Bedingungen erfüllten. In Barbara Maurer sieht Ernst seine Gebete mehr als nur erfüllt – Gott hat seine Anliegen sogar übertroffen. «Die kleinen Details der Gebetserhörungen sind für mich ein Zeichen, dass Gott hinter dieser Wahl steht.»
Bericht in der Dezember-Ausgabe vom wort+wärch erschienen. | Bericht: Markus Richner-Mai | Bilder: zur Verfügung gestellt