Was würden Sie tun, wenn Ihre Kinder keine Aussicht auf eine gute Ausbildung hätten? Wie würden Sie auf anhaltende Zurücksetzung, Mobbing und massive Drohungen reagieren? Würden Sie in einen anderen Landesteil ziehen oder das Auswandern erwägen?
Die Koran-Verbrennungen in Schweden haben Muslime in Pakistan gegen die christliche Minderheit des Landes aufgebracht. Mitte Juli wurde in der Stadt Sargodha behauptet, man habe ein Pamphlet mit abschätzigen Aussagen über den Koran und Mohammed gefunden. Sofort forderte eine wütende Menge eine schwere Strafe für den unbekannten Verfasser. Die Polizei verhinderte Angriffe auf die viertausend Christen in der Nachbarschaft. Einige Familien flohen; die Polizei nahm einzelne Christen fest, ohne sie anzuklagen.
Mob schockt Pakistan
Dann, am 16. August, geschah in Jaranwala bei Faisalabad das, was Pakistans Christen seit langem befürchteten: Ein Mob wütender Muslime stürmte ihren Stadtteil, nachdem zwei Brüder wegen angeblicher Äusserungen gegen den Koran und den Religionsgründer Mohammed unter Anklage gestellt worden waren. Der Mob bedrohte Christen, drang in Häuser ein, plünderte sie und setzte sie in Brand. Laut Berichten wurden 120 Häuser zerstört und fünfundzwanzig Kirchen angezündet. Ein Polizeichef und ein Mufti konnten die Angreifer nicht davon abhalten. Aus Moscheelautsprechern ertönten Hetzparolen.
Hunderte Christinnen flohen mit ihren Kindern und suchten Unterschlupf bei Bekannten. So kam niemand ums Leben. Die Polizei nahm 146 Personen fest. Der pakistanische Premier und der Regierungschef von Punjab sicherten eine Untersuchung zu.
Jaranwala schockte die christliche Minderheit Pakistans und heizte die Stimmung unter Islamisten an. Am 20. August erregte ein Video, das ein Christ in einem Dorf bei Sahiwal auf Social Media hochgeladen hatte, den Zorn von Muslimen. Die Polizei eröffnete ein Strafverfahren wegen Lästerung gegen ihn und verhinderte Ausschreitungen.
Angst im Alltag
Am 25. August wurde eine christliche Familie in Kasur, die das Haus von Muslimen reinigte, der Schändung des Koran angeklagt. Islamisten riefen über Moscheelautsprecher zu Angriffen auf Häuser von Christen auf, doch konnte die Polizei diese verhindern. In einem anderen Fall waren
mehrere Familien zur Flucht gezwungen, weil nasse Seiten eines Koran in der Nähe ihres Hauses gefunden worden waren. In der Stadt Rawalpindi konvertierte ein Christ zum Islam und klagte dann seinen Neffen an, er habe ein Erbe
an sich ziehen wollen.
Seit langem fordern einheimische Christen und Menschenrechtsorganisationen Massnahmen gegen den Missbrauch der berüchtigten Blasphemieartikel im Strafgesetzbuch. Laut einem Beobachter übertrifft die Gewalt in Jaranwala alles, was Pakistans Christen in den letzten Jahrzehnten zu erdulden hatten. Die Gläubigen ersuchen um Gebet: für eine Beruhigung der Gemüter, Heilung für die Traumatisierten, eine schonungslose Untersuchung – und dass die Behörden mehr gegen Gewaltausbrüche vorkehren. Doch leben Christen laut dem Beobachter im ganzen Land nun «in ständiger Furcht, da grundlose Blasphemie-Anschuldigungen zu Vergeltungsangriffen führen könnten». Den Schrecken
von Jaranwala zu überwinden, werde Jahre dauern.
Christen unter Generalverdacht
In vielen Ländern Asiens und Afrikas sind Christen unter schwerem Druck. In manchen werden sie als Staatsfeinde verleumdet und verfolgt, weil sie die Mehrheitsreligion oder die vorgegebene Ideologie nicht akzeptieren. In anderen Ländern steht schon das Bezeugen und Verbreiten des Glaubens unter Strafe. Auch der Fanatismus von Anhängern anderer Religionsgemeinschaften trifft Christen; sie werden als Instrumente eines westlichen, als kolonial verschrienen Dominanzstrebens verunglimpft.
Und in traditionellen Gemeinschaften, welche vom Evangelium neu durchleuchtet und herausgefordert werden, steigert sich der soziale Druck zu Ausgrenzung und Gewaltausbrüchen. Wo der Staat das Recht nicht mehr durchsetzt, werden Christen Zielscheiben von kriminellen Banden.
Die Arbeitsgemeinschaft Religionsfreiheit (AGR) der SEA hat auch in diesem Jahr ein Dossier zum Sonntag der verfolgten Kirche (SVK, am 12. und 19. November) herausgegeben. Die AGR schreibt: «Die Verkündigung der Liebe, die Jesus zeigte, befreit und rettet… Es ist das einschneidende Wort der Guten Nachricht von Jesus Christus, das unerträglich ist für diejenigen, die es nicht annehmen.»
Von Westafrika bis Nordkorea
Seit Jahrzehnten ist die Lage vieler Christen in der Zone zwischen Nordafrika und Ostasien prekär. Afghanistan weist das Evangelium ab. Am ärgsten werden Nordkoreas Christen drangsaliert. Im September wurde das christlich geprägte Berg-Karabach von Aserbaidschan erobert. Die Armenier verloren ihre Heimat. Die Gewalt gegen Christen in Afrika südlich der Sahara hat wegen der politischen und wirtschaftlichen Instabilität zugenommen. Dschihadisten treiben ihr Unwesen; Banden gehen über Leichen, um den Handel mit wertvollen Rohstoffen zu kontrollieren.
Afrikanische und asiatische Eliten haben sich vom autoritären chinesischen Modell (Einparteienherrschaft mit Wirtschaftslenkung und Unterdrückung aller abweichenden Meinungen) beeindrucken lassen. Im eigenen Land hat das Regime in Peking laut der AGR die umfassende Kontrolle über religiöse Gruppen «mit zunehmender Perfektionierung der digitalen Hilfsmittel» weiter verstärkt.
Nicaragua, Algerien, Irak
Der Weltverfolgungsindex von Open Doors vermittelt ein Bild der globalen Verfolgung. In der Liste der fünzig Staaten mit der ärgsten Repression ist aus Lateinamerika neben Kolumbien, Kuba und Mexiko – wo sich die Lage der Christen verschlechtert hat – neu auch Nicaragua vertreten.
In der arabischen Welt bleibt Algerien dem Christentum gegenüber besonders feindlich eingestellt. Laut der AGR wurden aktive Christen verfolgt und verurteilt, namentlich Berber. Im Libanon, in Syrien, im Irak und in den Palästinensergebieten schrumpft die christliche Gemeinschaft aufgrund der Auswanderung – Folge von Entbehrung und Gewalt.
Was du tun kannst
• Bete mit den Infos von AGR (www.agr-glr.ch) und Hilfswerken regelmässig für verfolgte Christen in bestimmten Ländern.
• Bringe die Anliegen in die Fürbitte in Gottesdiensten ein.
• Hilf verfolgten Christen mit Spenden.
Peter Schmid, Redaktion · www.verfolgung.ch